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Vanilla Overdrive Mk III ® - Tube-Town GmbH

Aufbau, Experimente, Modifikationen  -  Bernhard Bornschein - Berlin



Im  April 2013  habe ich den  'Vanilla Overdrive'  aufgebaut und war nach  ersten Test's  irgendwie enttäuscht  von dem, was ich da aus meiner  Gitarren-Anlage  als  'Overdrive' zu hören bekam.  Ein kleiner  'Blackheart'® - Kopf : BH5H  an einem  Celestion®  G12H100CE , oder mein 'Hughes & Kettner'®  TubeMeister 18, der im Lead-Kanal eine wirklich 'gute Zerre' hat - und dann noch einen super 'Boost'.  Ich spiele  zu hause  oft über diese Kombinationen und kenne den Sound - mit und ohne 'Verzerrer'.  Der 'Vanilla-Overdrive'  klingt  dagegen  überhaupt nicht gut, viel gebrazzel und gebruzzel.  Besonders bei den  tiefen  Saiten  (E und A)  wird  das  sehr  deutlich.  Schwer in Worte zu fassen.  Hart  einsetzende Verzerrungen bei  Power-Chords oder Solo-Spiel  alles  klingt  nicht  musikalisch,  ziemlich  unangenehm.

Nachdem fest stand, das wirklich  kein Aufbau-Fehler  vorliegt  (kann ja immer mal passieren . . . ) wanderte das schöne Teil erstmal in den Schrank.  Im Forum hatte ich zu der Zeit auch nichts gefunden, was mir weiterhelfen konnte.  Es ergaben sich  andere  Prioritäten . . . andere Gitarren-Verstärker , andere Verzerrer und Booster . . . also erstmal  erledigt.

Etwas mehr als zwei Jahre später steht der  Vanilla Overdrive  wieder auf dem Arbeitstisch, nachdem er mir immer wieder im Schrank  begegnet ist und in die Hand genommen wurde.  Es soll nun untersucht werden, warum  es so ist - wie es ist. 

Im  'Tube-Town  Forum'  fand ich jetzt einige Beiträge zum 'Vanilla', in denen  sehr ähnliche  Beschreibungen zum Sound zu lesen sind, die auch meinen Erfahrungen entsprechen.  So ein schickes Gerät, solide Mechanik, gut konstruiert und zusammengestellt, nur bestes Material.  Da muß doch was zu machen sein . . .
 
Bestandsaufnahme :
Im Originalzustand ist beim  'Mk III' die erste Triode V 1-1  vor  der  Bypass-Schaltung angeordnet, also  immer  aktiv.  Die Durchgangs-Verstärkung  der ersten Stufe  des Vanilla  beträgt  immerhin ca. 10 dB.  In Stellung  'Boost'  kommen noch einmal  gut  5 dB  hinzu.  Dieses Konzept ist günstig, um einen 'einfachen' bzw. 'clean'  gehaltenen  Gitarren-Amp  ein wenig  auf  'Trapp' zu  bringen.  Übliche  Gitarrenamp's  verfügen  jedoch über  genügend  Gain, sodas  es  eher störend ist, wenn durch das  Einfügen  des 'Vanilla Overdrive'   plötzlich  10 dB  mehr Pegel  am  nächsten Eingang  anliegen, was erst wieder korrigiert werden müsste.  Mal eben einschleifen und testen geht nicht ohne weiteres.

17.10.15 - Die  rot gezeichnete  FET-Stufe  wird folgend ausgebaut.  C7 und R12  bleiben. 
Die  Bypass-Schaltung  - bis auf den fehlenden  R 19  original 
 

Messung von Fequenzgang und Verstärkung im  Original-Zustand des  Vanilla Overdrive  Mk III


171015_Vanilla_Norm und Boost_1.png

Schwarz : Normalstellung - ByPass  (R19  220 kOhm  wurde entfernt)  C 6 mit 22 nF ist hier noch belassen worden und trägt  auch seinen Anteil zum sanften Abfall im Tieftonbereich bei.
Blau : Stellung  'Boost'  etwa  6 dB  mehr Pegel

Für sich ständig ändernde  Gitarren-Technik  ist ein  'Hard-Wired-Bypass' wohl die  günstigste Variante.  Mein 'Vanilla' bekommt  einen solchen  Bypass, sodass  er komplett  überbrückt  wird  und im Ruhezustand  nichts  zwischen Gitarre  und  Verstärker  verändert.  Der  ursprüngliche  Verstärkungsfaktor  und  'Sound'  soll  immer  erhalten  bleiben. 



Step 1 : Die Bypass-Schaltung wurde geändert :

Nach der Änderung der Bypass-Schaltung  verändert der 'Vanilla Overdrive'  nicht  mehr das  Pegel-Niveau  der Effektgeräte-Kette.  Die Verstärkung der  ersten Stufe  V 1-1  wird nun  für die  Overdrive-Funktion  verwendet,  da  der  FET  sowieso  wegfallen soll.  Mein 'Vanilla Overdrive' soll  nur mit  Röhren  aufgebaut sein.

Zwischendurch wurde übrigens getestet, wie sich  ECC 82  verschiedener Hersteller verhalten, da dies kritisch sein kann, wie man bei 'Tube-Town' auch lesen kann. Eine  vorrätige  ECC 82 von  JJ_Electronics®  funktioniert  tatsächlich nicht.  Ich habe zwei hochwertige  12AU7 von Electro Harmonix®  getestet (mit Goldpins), welche auch gut funktionieren.  Drei andere ältere, gebrauchte Typen : Siemens, Tungsram, Valvo  funktionieren auch. Jedoch mit  unterschiedlich  leicht veränderter Form der oberen Halbwelle - vermutlich dadurch, das sie im unteren Grenzbereich arbeiten.  Das ergibt bestimmt auch unterschiedliche  Sound's. Wird später noch getestet.
 

 

Messung von Fequenzgang und Verstärkung  nach dem Umbau  der Bypass-Schaltung
hier noch mit C 6 = 22 nF.
Jetzt sind  sämtliche  Verstärker-Stufen aktiv (Vanilla On) - oder  keine  (Bypass)


171015_Vanilla_Norm und Boost_6.png

 
Schwarz : Bypass
Blau : Overdrive  On  Master voll - Gain so, das das Eingangssignal ein Sinus bleibt. 
Das ergibt eine Verstärkung von > 10 dB
Rot : Boost  On (Ton-Poti ganz rechts)  In Stellung 'Boost' sind es noch einmal  5 dB  mehr  an Verstärkung.
Grün : Boost  On (Ton-Poti ganz links) 
Magenta : Boost  On (Ton-Poti mitte)
 
Die  Simpel  erscheinende  'Tonblende'  funktioniert  sehr wirkungsvoll.  Kurz vor : 'Voll auf' ergibt sich ein interessanter  Resonanzpunkt, der das Signal  leicht anhebt und färbt.



Step 2 : 18.10.15 - Der  FET  sowie R7, R8 und R10 sind  ausgebaut.  C7 und R12  bleiben.    C 6  hier noch im Bypass
 
 



Die Stufe  V 1-2    
  Die Stufe mit dem  JFET  BF245B  hat  7 dB Verstärkung  gebracht, die jetzt  fehlen.  Um das etwas auszugleichen, wird parallel  zu  R16  ein Kondensator zur Wechselstrom mäßigen Überbrückung gelötet.  Das ergibt eine  um etwa  5 dB  höhere Verstärkung, deren Eckfrequenz mit dem Wert des Kondensators  nach Bedarf / Geschmack  angepasst werden kann.  In dieser Phase habe ich mich für  470 nF entschieden, um die tiefen Frequenzen  etwas  anzusenken, weil diese ja  maßgeblich am  'Bratzel-Sound'  beteiligt sind.  C7 wurde allerdings von  22 nF  auf  47 nF  erhöht. 
Günstig  wäre auch, wenn man den Kathoden-Kondensator  schaltbar machen würde.
Vanilla Overdrive_V1-2_251015.jpg    


Messung von Fequenzgang und Verstärkung mit unterschiedlichen Kondensatoren an der Kathode von V 1-2
251015_Vanilla_V1-2_C ueber R16.png

Schwarz : Ohne Kondensator
Blau : 10 µF
Rot : 1 µF
Magenta : 0,47 µF
Grün : 0,1 µF



Die bisherigen Modifikationen haben den  Overdrive-Sound  nicht wirklich verändert.  Das Ausgangs-Signal hat von seiner Asymmetrie  nichts verloren.  Die positiven Halbwellen sind von Anfang an in Begrenzung,  oben  eckig und relativ Flach, während  die negativen  Halbwellen  lang und  ziemlich  'spitz' sind.  Das macht  dieses Schaltungs-Design  eben  so  und ist somit  hauptsächlich  für den 'Overdrive'- Sound verantwortlich.  Sinusförmige Schwingungen kommen da auch bei ganz kleinem Pegel nicht heraus.  Diese Stufe arbeitet  fast wie ein Schalter.
Verzerrungen  entstehen, oder  werden  durch  'nichtlineares Verhalten' oder 'Clipping' von Verstärkerstufen  erzeugt.  Entscheidend ist, wie man das tut.  Für meinen Geschmack ist es günstiger, wenn man eine Verstärkerstufe  'weich' in die Begrenzung 'fährt', sodass das Signal  nicht gleich  'eckig' ist, sondern  nach und nach  'rund' wird.  Nicht umsonst  gibt es hunderte  Verzerrer und viele davon sind  zur Legende geworden . . . jeder mit 'seinem' Sound.
 
Die Stufen mit der Röhre V 2  werden geändert.
Die  Kathodenfolger-Stufe  bleibt so wie sie ist - für eine niedrige Ausgangs-Impedanz - bekommt jedoch durch die Gitterwiderstände einen anderen Arbeitspunkt.  Durch einen Kondensator wird  V 2-2  gleichspannungsmäßig  von der Vorstufe  entkoppelt.  Na das sieht am Oszilloscope doch schon ganz anders aus.  Das Signal ist  jetzt  symmetrischer,  und  sinusförmiger  geworden.  Die Stufe geht jetzt viel sanfter in Begrenzung und hört sich viel, viel besser an - finde ich . . .
 

Die  modifizierte  Ausgangsstufe  mit V 2  im Test-Betrieb
Vanilla Overdrive_V2_Test_281015.jpg
 
27.10.15  Um aus dieser Stufe 'alles' herauszuholen, bekommt auch der hinzugefügte  Katodenwiderstand von  V 2-1  einen Kondensator zur Wechselspannungsmäßigen Überbrückung.  Je nach Wert des Kondensators ändert sich auch hier wieder die untere Grenzfrequenz sowie die Gesamtverstärkung dieser Stufe.  Sie erhöht sich um gut  5 dB.

 Ausgangsstufe  V 2-1  Kondensator  über Rk 10 kOhm
271015_Vanilla_V2-1_C ueber Rk_10KOhm.png
 
Schwarz : Ohne Kondensator
Blau : C = 47 nF
Rot : 1 µF  (Elko)
Grün : 10 µF  (Elko)
Magenta :  



  Die aktuelle Gesamtschaltung : 31.10.15

Vanilla Overdrive_Gesamt_300_311015.jpg
 
 


  Messung von Fequenzgang und Verstärkung  des gesamten, modifizierten Vanilla Overdrive 
  Stand : 31.10.15

311015_Vanilla_Gesamt.png

 
Schwarz : Bypass
Overdrive : On
Blau : Master : Voll ;  Gain : Halb ;  Tone : Voll  (Rechts-Anschlag
Rot : Master : Voll ;  Gain : Halb ;  Tone : Voll ;  Boost  On
Grün : Master : Voll ;  Gain : Halb ;  Tone : Halb
Magenta : Master : Voll ;  Gain : Halb ;  Tone : Zu  (Links-Anschlag)
 


Schaltungsänderungen lassen sich leicht realisieren . . .  


Edit : 31.10.15 by Bernhard Bornschein